FUW inspiziert Stuttgarter „Unterwelt“
Begleitet von zwei Damen steuerten am 07. Juli 2015 FUW Ruheständler mit drei PKW das Parkhaus am
Bietigheimer Bahnhof an. Von dort aus ging es mit der S-Bahn zum Stuttgarter Nordbahnhof.
In Pfadfindermanier erreichte die Gruppe über einen schmalen Fußweg, entlang der Gleise über die
Gäubahnbrücke und über Treppenabgänge, schließlich einen Abschnitt des Baufelds des neuen
Bahnknotens Stuttgart 21/Baustelle, sprich „Tunnel Bad Cannstatt/Zwischenangriff Nord“. Im
Gruppenraum des oberirdischen Baucontainers wurden die Teilnehmer von einer ebenso kompetenten wie
charmanten Baustellenführerin begrüßt, assistiert von einem Ingenieur der Bauleitung.
Dieser Bereich ist Teil der Neuordnung des Bahnknotens Stuttgart 21. Mit diesem Verkehrs-und
Städtebauprojekt entstehen drei neue Personenbahnhöfe und 57 km neue Bahnstrecken, davon knapp ein
Drittel der neuen Schnellfahrstrecke nach Ulm. Der vorhandene Kopfbahnhof wird durch einen
unterirdischen Durchgangsbahnhof ersetzt, flexibel in alle Richtungen verbunden mit einem unterirdischen
Schienenring. Erklärtes Ziel sind kürzere Fahrzeiten, mehr Direktverbindungen und die Schaffung von
Kapazität für mehr Züge. Damit einher geht die Schaffung von ca. 100 ha Bauland, dort, wo heute noch
Gleise liegen.
Nach der theoretischen Unterweisung ging es zum praktischen Teil.
Alle wurden mit Warnweste, Sicherheitsschuhen und Atemmaske für den Notfall ausgestattet. Derartig
versorgt ging es zum Bauaufzug, der uns wenig komfortabel über den Versorgungsschacht 26 m in die Tiefe
beförderte. Von dort marschierten die FUW-ler im Gänsemarsch in die Tunnelanlage, bis zu dem Teil, wo
sich Monsterbagger Meter für Meter
in den Berg graben. Zur Erstellung des Hohlraums für den späteren Tunnel brechen in diesem Bereich die
Mineure mit Baggern Meter für Meter Fels und Gestein aus dem Bergmassiv heraus. Nach jedem Ausbruch
wird der jeweils neue Hohlraum im Halbkreisprofil mit vorgefertigten Rundbögen, Stahlmatten und mittels
großer Mengen Spritzbeton gesichert, um das Herunterbrechen von Gestein und Geröll zu verhindern. Erst
danach erfolgt Ausbruch der unteren Hälfte der künftigen Tunnelröhre und die Erstellung des
vollständigen Kreisprofils, auf dessen Grund sich später das Gleisbett für die Hochgeschwindig-keitszüge
befindet. In den Röhren herrschen hohe Temperaturen und nur fahles Licht; für die dort ständig
beschäftigten Mineure eine hohe Herausforderung. Die Frisch- und Abluftversorgung funktioniert über
ein ausgeklügeltes Belüftungssystem.
In den Bereichen unterhalb der Stadt, wo sich überirdisch Bauwerke befinden, wird zur Vermeidung
möglicher Gebäudeschäden aus Sicherheitsgründen vom Einsatz der schnell arbeitenden
Vortriebsmaschine abgesehen. Ihr Einsatz erfolgt nur unter freiem Gelände.
Mit riesigen Containern und Schlitten wird der Abraum aus der bereits vorhandenen Röhre transportiert
und mit riesigen Kranen aus dem Versorgungsschacht gehievt.
Das gesamte Material wird per LKW über das interne Baustraßen-system zur zentralen Logistikfläche am
Nordbahnhof gebracht und abgeladen; anschließend wird es auf Züge verladen und zu den
Entsorgungsanlagen transportiert, wo es nach Belastungsklassen eingelagert oder weiterverarbeitet wird.
Insgesamt fallen bei
Stuttgart 21 und der Schnellbahnstrecke Richtung Wendlingen Ulm unvorstellbare Aushubmassen von über
20. Millionen Tonnen an.
Nach einem etwa einstündigen Rundgang trat die FUW-Gruppe schließlich erfüllt mit Eindrücken wieder
den Rückzug aus den Tunneln an, um mit dem Bauaufzug aus dem Versorgungsschacht wieder sicher nach
oben ins Freie und an die frische Luft zu gelangen.
Der außerordentlich interessante Nachmittag fand im Schlossgarten-restaurant in Stuttgart einen würdigen
Abschluss. Von dort aus trat die Gruppe, gestärkt an Leib und Seele, am Abend die Heimreise nach
Güglingen an.
Ein ganz besonderer Dank richtet sich an das Ehepaar Brigitte und Eugen Rennstich, die sich der Mühe
unterzogen, den Ausflug in die Stuttgarter Unterwelt perfekt zu planen und grandios zu organisieren.
/-sf-
Inspizierung Stuttgarter „Unterwelt“